Neue Wege für die EU-Türkei-Wirtschaftsbeziehungen – Zollunion im Wandel?

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Meryem Gökten, Richard Grieveson and Oliver Reiter

wiiw Research Report in German language No. 32, November 2025
73 pages including 6 Tables and 35 Figures

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Online Appendix: Neue Wege für die EU-Türkei-Wirtschaftsbeziehungen – Zollunion im Wandel?
Dieser Anhang enthält ergänzendes Material zur Studie 'Neue Wege für die EU-Türkei-Wirtschaftsbeziehungen – Zollunion im Wandel?'
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Neue Wege für die EU-Türkei-Wirtschaftsbeziehungen – Zollunion im Wandel?

This publication is available in German language only.
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Dieser Bericht analysiert die wirtschaftlichen Entwicklungen der EU-Türkei-Zollunion und deren geopolitische Implikationen. Während das Handelsvolumen seit 1996 gestiegen ist, haben die EU und Österreich als Handelspartner an relativer Bedeutung verloren, insbesondere zugunsten Russlands und Chinas. Auch innerhalb Europas zeigen sich Verschiebungen: Der Handel verlagert sich zunehmend zugunsten osteuropäischer Mitgliedstaaten, während die Beziehungen zu traditionellen westeuropäischen Partnern, insbesondere den großen Volkswirtschaften, tendenziell rückläufig sind. Spanien bildet eine Ausnahme, wo sich das Handelsvolumen aufgrund enger politischer und wirtschaftlicher Beziehungen deutlich erhöhte. Zwar hat die Zollunion den Handel insgesamt deutlich gefördert, doch ihr enger Umfang sowie insbesondere bestehende nichttarifäre Handelshemmnisse schränken das Exportpotenzial für die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten weiterhin ein. Neue US-Zölle und der eskalierende transatlantische Handelskonflikt erschweren zusätzlich die bilateralen Handelsbeziehungen zwischen der EU und der Türkei. Gleichzeitig öffnen sie jedoch Spielräume für eine Modernisierung. Aber die Zollunion bleibt politisch umstritten: Im Laufe der Jahre haben politische Differenzen, innenpolitische Turbulenzen in der Türkei sowie der daraus resultierende stagnierende EU-Beitrittsprozess das bilaterale Verhältnis zunehmend belastet. Trotz ihrer wachsenden geopolitischen Bedeutung gilt die Türkei weiterhin als instabile Partnerin: Die Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu und die Repressionen gegen die größte Oppositionspartei CHP haben das Vertrauen europäischer Partner weiter geschwächt, mit negativen Folgen nicht nur für die politischen Beziehungen, sondern auch für das Vertrauen von Investor:innen. In vier Szenarien untersuchen wir die Auswirkungen möglicher Handelsentwicklungen auf Wohlfahrt und Handelsströme, insbesondere für die EU und die Türkei. Die Ergebnisse zeigen, dass eine tiefgreifende Modernisierung der Zollunion das Handelsvolumen zwischen der Türkei und der EU deutlich erhöhen und spürbare Wohlfahrtsgewinne für die Türkei erzielen, die negativen Effekte eines Handelskonflikts mit den USA für die EU aber nur sehr gering abmildern könnte.

New paths for EU-Turkey economic relations – Custom Union in transition?

This report analyses economic developments since the introduction of the EU–Turkey Customs Union and examines the geopolitical implications of its modernisation. While EU–Turkey trade has grown since 1996, the EU and Austria have lost market share in Turkey’s overall trade, particularly to Russia and China. Shifts are also visible within Europe: trade is increasingly tilting toward Eastern European member states, while ties with traditional Western partners, especially the large economies, are gradually weakening. Spain is an exception, with trade volume increasing significantly due to its close political and economic ties with Turkey. Although the customs union has significantly promoted trade overall, its narrow scope and, in particular, existing non-tariff trade barriers continue to limit the export potential for the majority of EU member states. New US tariffs and the escalating transatlantic trade dispute are further complicating EU-Turkey trade relations. At the same time, the EU continues to conclude new FTAs, which intensifies the asymmetry of the customs union for Turkey and reinforces the need for modernisation. Yet the customs union remains politically contentious within the EU: long-standing political disagreements, domestic turbulence in Turkey, and the stalled accession process have increasingly strained bilateral relations. Despite its growing geopolitical importance and the need to modernise the customs union, Turkey continues to be seen as an unstable partner. The arrest of Istanbul Mayor Ekrem İmamoğlu and the crackdown on the main opposition party, the CHP, have further eroded the confidence of European partners, harming political relations as well as investor sentiment. In four scenarios, we assess how different modernisation options for the customs union would affect welfare and trade flows for the EU and Turkey. The results show that a comprehensive upgrade of the customs union could substantially increase EU-Turkey trade and deliver clear welfare gains for Turkey, but would only marginally cushion the EU from the negative effects of a trade conflict with the United States.

 

Keywords: Zollunion, EU-Türkei-Beziehungen, berechenbares allgemeines Gleichgewichtsmodell

JEL classification: F13, F14, F50

Countries covered: Austria, China, European Union, Russia, Turkey, US

Research Areas: International Trade, Competitiveness and FDI


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